Das königliche Realgymnasium und Gymnasium in Leer ist wie ein Überbleibsel aus vergangener Zeit, anhand dessen sich das Schulsystem zur Kaiserzeit zeigen lässt. Es macht die politische und gesellschaftliche Entwicklung der wilhelminischen Ära deutlich. In diesem Beitrag nehmen wir Sie mit zurück in die Kaiserzeit und zeigen Ihnen am Beispiel unserer Schule, wie sich das Schulwesen im Laufe der Zeit verändert hat. Begleitet wird dies durch unseren Gallery Walk, in dem wir versuchen, Ihnen einen Einblick in die Schule von damals zu geben.
Im Kaiserreich etablierte sich das zweigeteilte Schulwesen. Bis ins 17. Jahrhundert gab es in den deutschen Fürstentümern nur eine kleine privilegierte Minderheit, welche die Schule besuchte. Klöster und Lateinschulen waren die bildenden Institutionen, an denen v.a. die altsprachliche Bildung ihren Ort fand. Im Zuge der des durch die Reformation wachsenden Einflusses der Landesfürsten führten diese nach und nach in ihren Herrschaftsgebieten die Schulpflicht ein und orientierten sich hierbei stark an dem kirchlichen Denken. Mit der Humboldtreform kam der Gedanke einer allgemeinen Menschenbildung für alle gesellschaftlichen Schichten und der Einführung des Konzeptes der Nationalschulen auf.
Humboldts Reformagenda stieß allerdings auf Widerstand, da man die staatliche und gesellschaftliche Ordnung gefährdet sah. Der eingeleitete Ausbau des Schulsystems ging jedoch trotz des Scheiterns der Humboldt-Planung weiter voran – allerdings mit einer strikten gesellschaftlichen Trennung in Volksschulen, in denen Gehorsamkeit und Gottgläubigkeit gelehrt wurden, und der Neuhumanistischen Gymnasien und Realgymnasien.
Das Neuhumanistische Gymnasium fokussierte sich v.a. auf die altsprachliche Bildung wie Latein, Griechisch, Altdeutsch und Hebräisch. Dies orientierte sich stark an der klassische Bildung durch die Klöster- und Lateinschulen.
Im Kontrast dazu entwickelte sich, wie oben bereits vermerkt, das Realgymnasium, welches ein naturwissenschaftlichen Schwerpunkt besaß.
Unterrichtet wurden hier die Lehren der Mathematik und Geometrie, Physik, Chemie und Biologie. Die Reifeprüfung (vergleichbar mit dem heutigen Abitur) konnte in beiden Zweigen jeweils angelegt werden.
Allerdings legte das Jungengymnasium nicht nur Wert auf die Sprachen und die Naturwissenschaft, sondern auch auf die kreative Fächer, wie Kunst oder Musik. Das Jungengymnasium belegte bereits damals Musik- und Kunst-Klassenräume, wie den unter den heutigen Schülern bekannte Kunstraum im Dachstuhl des Altgebäudes.
Das königliche Realgymnasium und Gymnasium in Leer beherbergte sowohl den humanistischen und als auch den realistischen Zweig, was sich durch seine modernen Klassen- sowie Fachräume und in seiner umfangreichen naturwissenschaftlichen Sammlung mit ihren bemerkenswerten Exponaten widerspiegelt. Auch der humanistische Zweig lässt sich schon durch seine Benennung als Lateinschule deutlich erkennen.